Was ist los an der Oberschule am Goldbach?
Nicht jeder mag einfach mal so umarmt werden
Was ist Glück und wie verbreitet man das? / Langwedeler Schüleraktion
Langwedel/Verden - Ein Trend, der in vielen Städten schon verbreitet ist, hatte am Dienstagvormittag auch Verden erreicht: Schüler des 8. Jahrgangs der Oberschule Langwedel haben auf dem Wochenmarkt Fremde umarmt und wollten damit Wärme geben. Die Passanten haben darauf ganz unterschiedlich reagiert: Manche gingen einfach weiter, andere vermuteten sogar einen fingierten Taschendiebstahl, aber viele waren von der Initiative angetan und ließen sich bereitwillig umarmen.
„Nein, wir sind weder von einer Sekte noch wollen wir Geld.“ Nils, Thorge, Eva, Rubina und Lizza möchten wie alle Schüler des Wahlpflichtkurs Philosophie/Glück bloß eine Umarmung verteilen. Einfach nur so, weil es schön ist, umarmt zu werden und weil eine Umarmung den Umarmten glücklich macht. Für diese Aktion haben sich die Schüler entschieden, nachdem sie zuvor bereits im Unterricht mit Religionslehrkraft Silke Polewka das Thema Glück und seine unterschiedlichen Facetten behandelt haben.
Dabei, so Polewka, sei auf Anregung des Schülers, Marvin Sauer, die Idee entstanden, die Aktion Gratis-umarmungen an einem belebten Ort in Verden durchzuführen. Daraufhin wurden Schilder gemalt mit dem Spruch „Gratis Umarmung“ auf der einen und „Free Hugs“ auf der Rückseite und so ausgestattet gemeinsam über den Verdener Dienstagsmarkt gezogen.
„Etwa ein Drittel der Passanten gehen vorbei, lesen, was auf unseren Schildern steht, trauen sich aber nicht, sich von uns drücken zu lassen“, sagt Rubina, während sie mit geöffneten Armen auf drei ihre Fahrräder schiebende Senioren zugeht, die sich aber partout nicht knuddeln lassen. „Ich habe versucht, ihnen unsere Aktion zu erklären und dass wir keine Taschendiebe sind, aber sie haben mir nicht vertraut.“
Einen Steinwurf entfernt sind drei Oberschüler in ein Gespräch mit einer älteren Dame vertieft. „Ich finde eure Initiative gut, aber ich möchte mich trotzdem nicht drücken lassen, weil ich eher ein distanzierter Mensch bin“, erklärt sie überaus freundlich.
Bei denen, die die Umarmung zulassen, ist das Staunen, aber auch die Freude über die ungewöhnliche Idee indes groß. „Viele, wie Marktfrau Annegret Friedrichs, gehen mit einem Lächeln auf dem Gesicht weiter“, sagt Thorge und genau das sei das anvisierte Ziel: Dass man nicht mit gleichgültigem oder gar miesepetrigem Gesichtsausdruck aneinander vorbeigeht.
Der Ursprung von „Gratis-Umarmungen“ geht übrigens auf die Kampagne des Australiers Juan Mann zurück, der nach Jahren zurück in seine Heimat kam und dort Schwierigkeiten hatte, Anschluss zu finden und sich heimisch zu fühlen. Der hat sich die „Free Hugs-Geschichte“ ausgedacht und übers Internet weltweit verbreitet.
Lehrerin Polewka erhofft sich durch die Aktion neben der Schulung von sozialen und emotionellen Kompetenzen auch eine Sensibilisierung der Jugendlichen für Glück und Freude im Alltag. Die Gratis-Umarmungen, so sagt sie, wären ein guter Anfang. Jetzt ist geplant, die Umfrage in der Schule auszuwerten. Eventuell soll auch ein kleiner Film darüber entstehen. Im Kurs, so Polewka, herrsche eine gute Stimmung, was sie auf das Unterrichtsthema Glück zurückführt, weil, so die Lehrerin: „Die Erforschung des Glücks bis zu einem gewissen Grad selber glücklich macht.“
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Quelle: Verdener-Aller-Zeitung vom 20.11.2014
Link: http://www.kreiszeitung.de/lokales/verden/langwedel-ort120521/glueck-verbreitet-das-langwedeler-schueleraktion-4464388.html