munch a_kAusstellung in der Goldbachschule zeigt Schülerarbeiten auf den Spuren des norwegischen Expressionisten

Eine Munch-Ausstellung der besonderen Art ist seit zwei Wochen in Langwedel zu bewundern: Schüler der Oberschule am Goldbach präsentieren im Foyer des Blocks A zahlreiche Werke - Ergebnisse, die im Kunstunterricht zustande kamen. Denn Kunstlehrerin Ulrika Moje hatte mit ihren Klassen R6A, R6C und R9C die Munch-Ausstellung in der Bremer Kunst­halle besucht. Das war Mitte November. VON INKA SOMMERFELD

Langwedel. Dort erfuhren die Schüler vom schicksalhaften Leben des norwegischen Malers Edvard Munch und versetzten sich in seine Situation. So entstanden jetzt Werke, die, ebenso wie die des großen ex­pressionistischen Vorbilds, Betrachtern die Wucht der Gefühle entgegenschleudern. Denn auch Lehrerin Moje hatte sich inspi­rieren lassen und machte die „großen Ge­fühle" zum Thema. So begeistert die Schü­ler von der Ausstellung waren, so eifrig ar­beiteten sie im Kunstunterricht. Moje war über Motivation und Ergebnisse hocher­freut und verteilte gute Noten.


Die Schüler hatten sich auf den Besuch der Exposition ausgiebig vorbereitet: Dazu diente das Plakat der Ausstellung, ein Ge­mälde mit dem Titel „Das Kind und der Tod". Zu sehen ist ein Mädchen, das sich die Ohren zuhält, im Hintergrund liegt die tote Mutter im Bett. „Wann gucken Kinder auf diese Art?", fragte Moje die Sechstklässler. Die malten Situationen, die ihnen Angst machen: beispielsweise streitende oder sterbende Eltern. Mittendrin ist eine Kopie des kleinen Mädchens eingearbei­tet. Eine sechste Klasse setzte sich zudem im Rahmen einer museumspädagogischen Aktion in Bremen mit Gefühlen auseinan­der und malte Bilder, in denen sie die Ge­fühle mutig, glücklich und ängstlich dar­stellten. Den meisten Schülern ist Munchs be­rühmtes Werk „Der Schrei" bekannt. „Wie groß war die Enttäuschung, dass das Bild in Bremen nicht ausgestellt war", sagte Moje. Dafür hing dort ein Druck in Schwarz-Weiß. „Denn seit das Bild gestohlen wor­den war, leiht es das Osloer Museum nicht mehr aus", erklärte die Lehrerin. Dafür the­matisierten die Sechstklässler den „Schrei" im Unterricht: Die Mädchen und Jungen packten ihre Ängste in Kästen. Fabiens Schachtel mutet gruselig an: der Tod, Spinnen, die Krankheit Krebs, eine Opera­tion und die Note Sechs machen ihr Angst, darüber schwebt ein Gespenst aus weißem Tuch. Melisa und Luca gestalteten den „Schrei" dreidimensional: Eine Kopie von Munchs Gemälde wurde in einzelne Teile geschnitten und diese versetzt hintereinan­der angeordnet. In eine Ecke klebte Melisa außerdem zwei schwarz gewandete Gestal­ten aus Munchs Werk „Vier Lebensalter". „Das Bild fasziniert mich, und dunkle Gestalten bereiten mir Unbehagen", sagt sie.

Wie die Restauratorin des Bremer Muse­ums unter dem Bild „Das Kind und der Tod" das Werk „Mädchen und drei Män­nerköpfe" entdeckte, hatte ein Schüler in einem Bericht zusammengefasst. Das „neue" Bild war Thema der Neuntklässler: Was mag das zusammengekauerte Mäd­chen denken, was die düsteren Männer? Auch hier ging es um Gefühle - um Angst, Befürchtungen, Hilflosigkeit, Begierde. Die Jugendlichen notierten ihre Empfin­dungen in Sprechblasen in ihren Werken.

Beeindruckend auch die großformatigen Bilder - die Neuntklässler verbanden ihre persönlichen Ängste mit dem „Schrei". In Felicitas' Werk geht es um Verwirrung. Sie verzerrte die schreiende Figur unzählige Male, so dass ein Durcheinander von Li­nien zu sehen ist. Ein anderes Bild zeigt den Schreienden inmitten zahlreicher Au­gen - beobachtet zu werden, ist dem jun­gen Künstler ein Gräuel.

Ein weiteres Werk zeigt ein riesiges Monster, das den Schreienden zu verschlin­gen droht. Finn ging auf andere Art an das Thema heran: Er zeichnete mit Kreide sei­nen eigenen „ Schrei", inspiriert von der Ge­schichte „Alice im Wunderland". Dabei steht der verrückte Hutmacher im Mittel­punkt und schreit, drumherum Gesichter der Grinsekatze. Denn die kann verschwin­den, doch ihr Grinsen bleibt. Unheimlich und beeindruckend. Rund ein viertel Jahr lang beschäftigten sich die drei Klassen mit Munch, seinem Le­ben und seinen Werken. „Wir haben gut miteinander gearbeitet, es war tolles Team­work", resümierten die Sechstklässler hin­gerissen. „Dadurch, dass wir uns sehr lange mit dem Maler beschäftigten, sind wir intensiv ins Thema eingestiegen", fügte Jenny hinzu. Die Bremer Ausstellung hatte es ihr angetan - sie wäre am liebsten länger in der Kunsthalle geblieben. „Schöne Bilder sieht man sich an und geht weiter, doch Munchs Gemälde zeigen so tiefe Gefühle, dass man die Werke genau betrachten muss", fasste Jenny zusammen.

Skepsis wich der Überraschung

VN-10.02.2012 k

Dabei war Ulrika Moje erst skeptisch: „Ich habe mich gefragt, ob die Ausstellung überhaupt für sechste Klassen geeignet ist." Doch die Skepsis wich der Überra­schung: „Die Schüler waren von der Aus­stellung begeistert und bearbeiteten die tie­fen Gefühle im Unterricht kreativ." Des­halb fährt sie Ende Februar noch einmal mir drei Klassen in die Bremer Kunsthalle - mit zwei zehnten und einer neunten. Bis Ende Februar sind auch die Werke der Schüler in der Oberschule am Goldbach zu sehen. Was Moje und Rektor Rolf Bartels besonders freut: Alle Schüler behandeln die filigranen Werke sorgsam. Mehr noch - in den Pausen experimentieren sie mit den Kunstgegenständen.

(Quelle Verdener Nachrichten vom 10.02.2012)

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