Von: Jens-Peter Wenck

Langwedel – Sechs große Stellwände weisen in der Oberschule Langwedel auf ein gerade jetzt sehr aktuelles Thema hin: Flucht und Vertreibung. Auch dieses Themas hat sich die Gruppe #projektfrieden der Oberschule angenommen. Zur Eröffnung der Ausstellung, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zur Verfügung gestellt hat, waren auch Landrat Peter Bohlmann, Daverdens Pastor Lars Quittkat der Bildungsreferent des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Karl-Friedrich Böse aus Lüneburg sowie der Kreisgeschäftsführer des Volksbundes Gerd Depke in die Oberschule gekommen.

„Das, was da seit zwei Monaten in der Ukraine geschieht, ist das Schlimmste, was wir bisher erlebt haben“, erklärte Schulleiter Rolf Bartels bei der Begrüßung und stellte die Fragen: „Was macht das mit uns? Was kann man tun, um mit der Aktualität umzugehen?“

 

Landrat Peter Bohlmann freute sich über die Eröffnung der Ausstellung, auch wenn diese über eine traurige Entwicklung berichte. Der Volksbund habe es sich dankenswerterweise zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an die Opfer der Kriege wach zu halten.

Bohlmann stellte weiter die Bedeutung der Migration heraus und unterstrich, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. 25 Prozent der Bewohner in Deutschland haben einen Migrationshintergrund, in vielen Schulklassen sind es 30 bis 40 Prozent.

Das jetzige Fluchtgeschehen aus der Ukraine sei anders als das von 2015. Jetzt kämen hauptsächlich Frauen und Kinder, während die Väter und Ehemänner in der Ukraine kämpfen müssten. Im Landkreis Verden gibt es zur Zeit 1 100 Flüchtlinge aus der Ukraine, etwa 100 sind bis zu fünf Jahre alt, 356 von sechs bis 17 Jahre und 603 sind 18 bis 64 Jahre. Als er in der vergangenen Woche die Sporthalle in Kirchlinteln besuchte, in der Flüchtlinge untergebracht sei, sprang die Lüftungsanlage deutlich vernehmbar an – und Kinder warfen sich aus Angst auf den Boden, berichtete Bohlmann.

Karl-Friedrich Böse vom Volksbund erläuterte die Aufgaben seines Verbandes hinsichtlich der Erinnerungskultur für die Gefallenen und Verschollenen der Weltkriege. Auch nach über 70 Jahren sei es noch möglich, Schicksale aufzuklären. „Weltweit sind aktuell 60 Millionen Menschen auf der Flucht“, so Böse, „allein aus der Ukraine über sieben Millionen.“

Lennox Mildner stellte die bisherigen und die aktuellen Vorhaben von #projektfrieden vor. Hier engagieren sich Oberschülerinnen und Oberschüler freiwillig, unterstützt von Lehrer Derek Eicke. Unter anderem kümmern sich die jungen Leute um den Gedenkstein für im Zweiten Weltkrieg in Cluvenhagen zu Tode gekommene Kinder von Zwangsarbeiterinnen, wollen das Schicksal hinter den Grabsteinen von Kriegsgräbern erkunden.

Als vor zwei Monaten der russische Angriff auf die Ukraine begann, hatte sich die Projektgruppe überlegt, was sie selbst tun könnte. So wurden zum Beispiel Hilfspakete für die Ukraine gesammelt. Als die Gruppe an die Öffentlichkeit ging, waren sofort Geschäfte und Privatleute dabei.

„In einer Woche wurden wir von Paketen überflutet“, so Lennox Mildner. Die Spenden gingen zur deutsch-polnischen Gesellschaft in Verden und wurden von ihr nach Polen gebracht. In den Pakten aus Langwedel waren Erste-Hilfe-Produkte, Grundnahrungsmittel, Babysachen und Hygieneartikel, Kleidung und Schlafsäcke.

Die jetzt eröffnete Ausstellung „Flucht und Gewaltmigration“ nimmt ihren Anfang bereits im Mittelalter, als Abenteurer aus eigenem Entschluss heraus begannen, von Europa aus die Welt zu erobern – die ersten Migranten. Im 19. Jahrhundert zog es zu dem Hunderttausende aus Deutschland und Europa nach Amerika – fast immer aus wirtschaftlichen Gründen.

Im 20. Jahrhundert gab es zwei Weltkriege, etliche regionale Konflikte und noch heute zwingen Kriege und Bürgerkriege überall auf der Welt Menschen zur Flucht.

Die Ausstellung erinnert auch daran, dass am 10. Dezember 1948 die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“, die „Genfer Flüchtlingskonvention“ vom 28. Juli 1951 und den Artikel 16a der deutschen Verfassung, des Grundgesetzes, der das Asylrecht für politisch Verfolgte als Grundrecht erklärt.

Die Ausstellung ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, wird aber allen Klassen der Oberschule als Anschauungs- und Unterrichtsobjekt dienen.  whu
 
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