Was ist los an der Oberschule am Goldbach?
Oberschule Langwedel. „Da haben wir nie mit gerechnet“
Langwedel – In diesen Zeiten, in diesen Tagen ist vieles nicht mehr normal. Der Mittwochnachmittag an der Oberschule am Goldbach in Langwedel war zum Beispiel ganz, ganz außerordentlich. Zu erleben war eine Benefizveranstaltung, deren Erlöse für Flüchtlinge aus der Ukraine bestimmt sind. Gerade aus ihrem Praktikum zurück in der Oberschule, begrüßte Schülersprecherin Lina Gürtler von der Bühne in der Aula die zahlreichen Gäste, erläutere, wohin deren Spenden gehen soll: An das DRK in Verden, weil sich das direkt hier vor Ort um die Flüchtlinge kümmert.
Alles andere als normal war auch das Tempo, mit dem die Oberschülerinnen und Oberschüler ihre Veranstaltung auf die Beine stellten. „Das war schon sehr spontan“, gibt Lehrerin Yasmin Seebeck zu. „Die Idee entstand vor zweieinhalb Wochen auf einer Dienstbesprechung“, so die Pädagogin, die an der Oberschule die Schülervertretung (SV) betreut.
Die SV hat sich dann auch um alles gekümmert: Angebote geplant, Programm aufgestellt, bei Eltern und örtlichen Betrieben Tombolapreise eingeworben. „Das ging alles sehr schnell. Obwohl es so spontan war, gab es eine breite Unterstützung. Da haben wir nie mit gerechnet“, erklärt Yasmin Seebeck.
Rolf Bartels ist mitten in dem Treiben, das immer größer wird, unterwegs. „Ich als Schulleiter habe nichts gemacht. Das ist klasse.“ In der Schule ist aktuell erst ein Kind aus der Ukraine. Aber es sind mehr angekündigt, es werden mehr werden, ist sich der Schulleiter sicher. „Wir müssen ein Bewusstsein schaffen, eine Aufnahmekultur“, sagt Bartels.
Die Schülervertretung und die Schüler haben nur Eltern und Angehörigen Bescheid gesagt. Damit es eine schulische Veranstaltung bleibt, es nicht zu voll wird, die Coronaverordnungen und Regeln eingehalten werden können. Trotzdem füllt sich die Schule immer mehr. Draußen gibt es Wildschweinbratwurst vom Grill, die der Großvater eines Schülers gestiftet hat. Waffeln, Crêpes, Süßigkeiten, Kuchen, Muffins, Tombola-Lose. Gebasteltes, Getränke – alles wird für den Spendenzweck verkauft.
Auf den Rängen in der in der Aula steigt die Erwartung. Angekündigt sind Auftritte des Wahlpflichtkurses Darstellenden Spiel von Lehrerin Cora Hirsch. Anschließend ist die Bandklasse dran, um die sich Andreas Kowalzik und Hendrik Hellwinkel kümmern. Nie im Leben war das geplant, dass beide Gruppen so früh schon ihren ersten großen Auftritt haben würden. Bis vor zweieinhalb Wochen eben.
Cora Hirsch vibriert förmlich kurz vor der Aufführung. Da wirken die Schülerinnen und Schüler schon abgeklärter. „Aufgeregt?!“, fragt Schulleiter Bartels die Darsteller Sekunden vor dem Einzug in die Aula. „Ja. Schon. Ein bisschen.“ Während der Aufführung ist es dank der tollen Akustik in der neuen Schule mucksmäuschenstill. Das ist auch besser, weil man manchmal echt ganz genau hinhören muss, um zu verstehen, was die jungen Schauspieler da hinter ihren FFP2-Masken sagen. Sie schlagen den Bogen von Anne Frank über die WhatsApp-Freundin Irina in der Ukraine bis zum Text von John Lennons „Imagine“ auf deutsch. Der Auftritt ist zu Ende. Stille. Dann der verdiente Applaus. „Die Kinder haben einen tollen Job gemacht. Ich bin sehr, sehr stolz auf sie“, erklärt Cora Hirsch.
Die Bandklasse startet pandemiebedingt nicht in ganz voller Besetzung. Lampenfieber? „Ein bisschen“, sogar bei ihm, gibt Andreas Kowalzik zu. Dabei hat er ja nun wirklich selbst eine große Bühnenerfahrung. „Ein bisschen Lampenfieber ist aber auch gut“, findet er. Mit jedem Stück wird die Bandklasse vor dem Riesenpublikum sicherer, nach jedem Stück wird der Beifall lauter. Das letzte Lied haben die jungen Musikerinnen und Musiker erst seit ganz kurzer Zeit im Repertoire: „99 Luftballons“ von Nena.
Der Schulelternrat sammelt aktuell Schulmaterial für Flüchtlingskinder, berichtet Rolf Bartels noch. Das Bedürfnis zu helfen, ist auch hier groß. Zudem wird einiger Bedarf erwartet.
„Es ist wichtig, dass die Kinder etwas tun. Dass sie wissen, dass sie etwas tun können“, hat Yasmin Seebeck am Beginn dieses Nachmittags gesagt. Kurz vor Schluss sitzt die Lehrerin im Raum der Schülervertretung, hat angefangen, Kasse zu machen. Und? Wie sieht es aus? „Über 800 Euro allein schon aus Eintritt und Tombola.“