Was ist los an der Oberschule am Goldbach?
Versuchsprojekt: Wie geht es dem Hasen?
Erster reiner Oberschuljahrgang verabschiedet
Langwedel - Klar, für jeden Abgangsjahrgang ist die Schulentlassung etwas Besonderes. Für die Schülerinnen und Schüler und ihre Angehörigen sowieso, auch für die Lehrer. Selbst wenn sich die Prozedur in jedem Sommer irgendwie wiederholt. Aber das gestern an der Oberschule am Goldbach in Langwedel, das war wirklich sehr speziell, bislang sogar einmalig.
Der Verfasser dieser Zeilen hat in seinem Berufsleben ja nun wahrlich schon viele Schulentlassungen miterlebt – so oft wie gestern Morgen wurde noch nie „Danke“ gesagt. Ein Hase hatte auch noch nie einen prominenten Platz vorn am Rednerpult. Alles hat damit zu tun, dass die Oberschule, vormals Haupt- und Realschule, ihren ersten reinen Oberschuljahrgang verabschiedete.
„Da ist das schon einmal Zeit, Resümee zu ziehen“, befand Schulleiter Rolf Bartels und versprach, Aufklärung darüber zu geben, was denn nun der Stoffhase da vorne sollte. Da war die Begegnung mit zwei absolut geschätzten Schülerinnen der Hauptschule, die kundtaten: „Wir sind doch nur die Asis der Schule.“ In Langwedel startete man also das Projekt Oberschule. Klingt einfach, war es aber nicht.
Auf ihren Klassenfotos sind Kinder zu sehen – „aufgeschlossen lächelnd“, so Bartels. „Aber glauben sie mir, die können auch anders.“ Die Oberschule startete mit zwei Thesen: 1. Es ist möglich, schwächere Schüler zu fördern und stärkere Schüler zu fordern – und das gleichzeitig. 2. Es ist möglich, mündige Mitglieder der Gesellschaft heranzubilden, die bereit sind, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
„Was macht der Hase?“
Die Test-Häschen waren natürlich schnell ausgemachte Hasen. „Und die Hauptfrage war: Was macht der Hase?“
Er ist nicht ruhig und entspannt. Hasen in der Pubertät können ein bemerkenswertes Temperament entwickeln und Charakterzüge an den Tag legen, ihre Lehrer absolut auf das Äußerste strapazieren. Und schlimmer. „Das Experiment drohte zu scheitern“, gab Bartels zu. Dann auf einmal die Klasse 9. „Wie geht es dem Hasen?“ Die Schulleitung bekam quasi keine Nachrichten mehr und befand: „Keine Nachrichten sind gute Nachrichten.“ Der Jahrgang Zehn: lauter unaufgeregte zunehmend Ziel orientierte Hasen. „Dafür ein ganz, ganz großes Lob.“
Feststellung: Es ist möglich, die schulische These vom Fördern und Fordern umzusetzen. „Auch wenn es sicher noch Luft nach oben gibt,“ befand Bartels.
Und die mündigen Menschen mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen? Er habe nicht geglaubt, dass der vorherige Jahrgang an Engagement zu überbieten sei, so Bartels. Von wegen. Der jetzige Abschlussjahrgang setzte noch mal einen oben drauf. „Ihr seid der Beweis, dass unsere Schule ein Erfolgsmodell ist.“
Bürgermeister Andreas Brandt legte in seiner Rede ein Plädoyer für durchlässige Schulformen vor. Kinder schon nach der vierten Klasse in eine Schublade stecken? Viel zu früh. Die politische Entscheidung für eine Oberschule habe auch mit dem Bemühen um den Erhalt des Schulstandortes zu tun gehabt. 20 Millionen Euro werden bis 2018 in die neue Oberschule und die Sporthalle investiert. „Hier wird deutlich, welche Bedeutung der Bildung bei uns parteiübergreifend beigemessen wird.“
„Geht euren Weg“
Die Schülersprecher Leonora Bitiki und Tim Intemann dankten den Lehrern, dem ganzen Personal der Schule, den Eltern, den Mitschülern. „Wir konnten wirklich alles teilen“, so Intemann. „Geht euren Weg. Seid stolz auf das, was ihr geschafft habt.“
Der stellvertretende Schulleiter Derik Eicke: „Ich bin unglaublich stolz auf diesen Jahrgang. So einen habe ich noch nie unterrichten dürfen. Allein gerade die Reden von Tim und Leonora – ich hätte das mit 16 Jahren nicht gekonnt.“
Gekonnt waren aber der Auftritt der Bandklasse „GoldRock“, der Schulband „Gold Creek“ , der Tanz AG und den Rockin' Teachers. Jawoll, auch Lehrer haben Musik gemacht.
Der Hase des ersten Oberschuljahrgangs wird seinen Erinnerungsplatz im Büro des Schulleiters bekommen,
Die richtigen Hasen sind gestern gegangen – und haben deutliche Spuren hinterlassen. Wer weiß, was kommende Generationen so anstellen. jw